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Verloren in Tokio

Verloren in Tokio

19.000 Firmenbankrotte in nur einem Jahr. Japan, die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt wankt. Der Staat ist mit 10 Milliarden Euro hoffnungslos verschuldet. Zahlen, die tagtäglich auf den Wirtschaftsseiten der Weltpresse erscheinen. Hinter den Statistiken stehen Schicksale.

32 Jahre lang hatte Toyoji Ogata in einer Reinigung Hemden gebügelt für die Business-Men. Mehr als eine Million Shirts. Dann wurde Ogata über Nacht gefeuert. Heute wohnt der 60-jährige auf einer Pappe im U-Bahnhof Ikebukuro. Ogata nimmt keine Drogen, er ist zu stolz zu betteln oder gar zu stehlen. "Noch vor vier Monaten", erzählt er, "bin ich durch den Tunnel gelaufen und habe gedacht: Wieso gibt es eigentlich soviele Obdachlose hier unten?" Jetzt ist er einer von ihnen. Seit 1992 hat sich in Tokio die Zahl derer, die auf der Straße leben, verfünffacht.

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Die Dokumentation "Verloren in Tokio" zeigt den Alltag von Ogata und seinen Leidensgenossen. Fast täglich entlässt die japanische Wirtschaft neue Opfer in die Ikebukuro Station oder auch in den Shinjuku-Park. Dort hausen Hunderte in selbst gebauten Zelten aus Pappen und blauen Plastikplanen. Nirgendwo auf der Welt werden Obdachlose so ausgegrenzt wie in Japan. Menschen ohne ein Dach über dem Kopf sind in einer perfekt geölten Wirtschaftsmaschinerie nicht vorgesehen. So hat die Regierung die "homeless" lange Zeit ignoriert und sogar ihre Lager abreißen lassen.

Auch auf denen, die noch beschäftigt sind in den Bürotürmen der großen Firmen, lastet ein enormer Druck. Jahrzehnte konnten die Mitarbeiter auf das japanische Prinzip der lebenslangen Arbeitsplatz-Sicherheit vertrauen. Diese "lifetime guarantee" ist den Konzernen heute lästig: Ungeliebte Arbeitnehmer werden mit perfiden Methoden rausgeekelt. Der Computerfachmann Akira Fujii, 45, musste tagelang allein in einem abgeschlossenen Raum sitzen. Seither leidet er unter Depressionen und Alpträumen. Kein Einzelfall in Japan.

"Seit etwa zwei Jahren," sagt Yukiko Nishihara, "geht es immer häufiger um Jobprobleme." Nishihara ist Leiterin des Suicide Prevention Centers und versucht Nacht für Nacht Anrufer davor zu bewahren, sich das Leben zu nehmen. Die Selbstmordrate in Japan hat sich mit dem Niedergang der Wirtschaft verdreifacht. "Für die Männer zwischen vierzig und sechzig hat die Arbeit einen viel höheren Stellenwert als ihre Familie", sagt Nishihara, "wenn einer von denen seinen Job verliert, haben wir praktisch keine Chance, ihn zu retten." 33.000 Selbstmorde verzeichnet Japans Statistik in nur einem Jahr. Dreimal mehr Tote als durch Autounfälle.

In der Dokumentation "Verloren in Tokio" gewähren die vom System ausgestoßenen Opfer der geplatzten Wirtschaftsblase so intensiv und freimütig Einblick in ihr Leben, wie es außerhalb ihres Kulturkreises von den stolzen und angeblich so unnahbaren Japanern nicht erwartet wird.

Buch und Regie: Jens Fintelmann, Thomas Seekamp
Kamera: Michael Lange
Ton: Jens Grumpelt
Schnitt: Renate Ober
Producerin: Reiko Sakuma
Musik: Uwe Haas
Mischung: Pierre Brand
Sprecher: Till Hagen
Produzenten: Jens Fintelmann, Thomas Seekamp
Produktionsleitung: Eva-Maria Wittke (NDR)
Redaktion: Uwe Lothar Müller (arte), Florian Huber (NDR)

26, 43 und 52 Min. arte/NDR 2001

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